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Liebe Freundinnen und Freunde des guten Wortes,
liebe Lyrikfans,

vielen lieben Dank für all die guten und so freundlichen Genesungswünsche! Ich habe mir jede einzelne durchgelesen, mich über jede gefreut, aber auf keine geantwortet. Es war ein fieser Virus, Bettruhe war angesagt, und jetzt – endlich – geht es wieder bergauf.

Kurz bevor es mich umgenietet hat, konnte ich noch mit Anke und Kristian über das Rückert-Projekt sprechen, was wieder viel Spaß gemacht hat. Wer reinhören mag, ab Minute 4.30 geht's los! Das Interesse der beiden an Literatur, besonders an Lyrik, ist einzigartig im deutschen Podcastgewerbe, besonders bei dieser Reichweite.

Und nun geht es, wie versprochen, weiter.
Vorhang auf für launemachende Lyrik zum Morgenkaffee!

Viel Vergnügen,
Ihr Matthias Kröner

 

Schwarz wie der Teufel und heiß wie die Höll’ und süß wie die Liebe,
sagen sie: sei der Kafee!
Schwarz wie der Teufel und heiß wie die Höll’ und süß wie die Liebe,
wer ist wie du, o Kafee!
Fahr hin, Teufel, gelöscht sei die Höll’ und erloschen die Liebe!
Aber du bleibst der Kafee;
schwarz ist der Teufel und heiß ist die Höll’ und süß ist die Liebe
mir noch in dir, o Kafee.

 

Kurz eingeordnet

Während ich diese kleine Einordnung schreibe, trinke und genieße ich ihn: einen sehr guten frischen Kaffee. Brauche ich den flüssigen Gedankenantreiber, um gut zu schreiben? Ich bilde es mir ein klein bisschen ein. Rückert war zusätzlich ein begeisterter Raucher – und glaubte, dass durch den Pfeifen- und Zigarrengenuss (wobei er die exklusive Marke „La Fama“ von den Kanaren schätzte) die Verse und Reime noch besser fließen. Die Macht der Einbildung kann Großes vollbringen und deshalb stimmen …
Kommen wir zurück zum Gedicht, einer Ode an den „Kafee“, wenn man so will! Der vielgebildete Schriftsteller greift darin ein geflügeltes Wort des 19. Jahrhunderts auf, das Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord (1754–1838) zugeschrieben wird, einem französischen Staatsmann und Diplomaten, der durch Opportunismus („Verrat ist nur eine Frage des Datums“) und Anpassungsfähigkeit die Französische Revolution, die Napoleonischen Kriege und den Wiener Kongress unbeschadet überstanden hat. Sein unbestätigter Ausspruch lautet: „Der Kaffee muss heiß wie die Hölle, schwarz wie der Teufel, rein wie ein Engel und süß wie die Liebe sein.“ Rückert lässt die Engel draußen und variiert geschickt die Einstellung des lyrischen Ichs zur so angenehmen Koffeindroge: zunächst das Herantasten („sagen sie“), dann die Bestätigung („wer ist wie du“), danach die Gewissheit („aber du bleibst“), dass der Wandel der Zeit voranschreitet, aber der Kaffee seine Wirkung tut, zuletzt sorgt er sogar dafür („mir noch in dir“), dass die längst verblichenen Gefühle wieder auferstehen – im eigenen Gehirn und der Psyche!
Dabei schätzen nicht nur Menschen den fein-bitteren Muntermacher. Auch Bienen bevorzugen Blüten, in denen Koffein eingelagert ist, machen ihre Artgenossen darauf aufmerksam und finden schneller wieder dorthin zurück. Logo, auch Insektengehirne lassen sich stimulieren!

 

P.S. Ein paar Fakten möchte ich noch hinzufügen: In Deutschland liegt der Kaffeekonsum bei etwa vier Tassen täglich. Langzeitstudien haben ergeben, dass dieser Verbrauch (sofern man den Koffeinkick verträgt und einen stabilen Magen hat) gesundheitlich unbedenklich ist. Kaffee gilt als das zweithäufig konsumierte Getränk der Welt (nach Wasser), die Finnen liegen mit einem Verbrauch von 12 Kilogramm pro Kopf und Jahr an der Spitze (im Winter ist es dort sehr, sehr dunkel …) – und täglich werden weltweit 2,6 Milliarden Kaffees getrunken, weshalb die „Kaffeekirchen“ (= Samen der Kaffeepflanze, gemeinhin Kaffeebohnen genannt) auch der zweithäufig gehandelte Rohstoff der Welt sind (nach Öl). Womöglich, weil Kaffee der Treibstoff des Kopfes ist … Da fällt mir ein: Es ist Zeit für eine zweite Tasse – herrlich!

 

 

 

 

P.S. Das Rückert-Projekt wird von der Stadt Schweinfurt, der Rückert-Gesellschaft e. V. und der Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten e. V. gefördert. Vielen Dank dafür – ohne diese Unterstützung wäre das Projekt nicht möglich!

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 Rückert Gesellschaft

 Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten e. V.

 

 
 

Matthias Kröner - Grüner Weg 44 - 23909 Ratzeburg - Tel.: 0176/32331629