Dem Schweinehund die Macht nehmen

22. Dezember 2022 - von Matthias Kröner - 10 Kommentare
Foto: Simon Joseph von Unsplash

Dieser Text von Matthias Kröner sollte als 19. Beitrag im Round-up-Post „Winterblues ade – 18 Blogger(innen) verraten ihre Tricks gegen das saisonale Stimmungstief“ erscheinen. Da der Text die Form sprengte, erscheint er nun gesondert als Gastartikel. Wer wissen mag, was Matthias so treibt, kann seine Autorenwebseite besuchen. Dort kann man sich auch für einen kostenlosen Newsletter anmelden. Gerade hat der Schriftsteller und Lyriker einen Literarischen Adventskalender am Start. Außerdem hat er mehrere Reiseführer geschrieben und 2022 seinen ersten Kinderroman „Der Billabongkönig“ bei Beltz & Gelberg veröffentlicht.

Was hilft gegen den Winterblues? Vermutlich das, was gegen jeden Blues hilft. Sich Dingen zu widmen, die einem wichtig sind! Das sagt sich so leicht, ich weiß. Trotzdem ist es möglich. Es geht darum, sich „einfach bewusst“ zu werden, was man wirklich will.

In meinem Fall ist es das Schreiben. Ich wusste schon als 15-Jähriger, dass ich Gedichte und Geschichten verfassen muss. Heute als 45-Jähriger weiß ich es umso mehr.

Trotzdem fällt es mir immer noch schwer, mich hinzusetzen – und es einfach zu tun. Da schwingt eine große Angst mit. „Eigentlich kannst du nichts“, sagt der Schweinehund. „Dass du bisher durchkamst, war Zufall. Heute“, fügt er hinzu und lächelt fies, „versaust du es!“

Ich weiß, dass dem nicht so ist. Doch der Schweinehund hat eine große Macht. Ihn neben mich zu setzen, gerade jetzt im Winter, ihm einen Kakao und Kekse anzubieten und ihn reden zu lassen, ohne ihn allzu ernst zu nehmen, kann eine Möglichkeit sein, sich endlich den Dingen zu widmen, die für einen selbst Sinn ergeben.

Der Schweinehund versucht es aus einer anderen Richtung. „Schau mal!“, sagt er, denn er ahnt, mit Beleidigungen kommt er heute nicht weiter. „In der Küche stapelt sich das Geschirr. Mach das mal sauber!“

Als ich nicht reagiere, sagt er: „Du musst mal wieder deine Reiseführer überarbeiten. Du hast keine Zeit für Gedichte!“

Er hat ja recht. Trotzdem will ich jetzt ein Gedicht schreiben. Gegen den Winterblues! Ich schaue aus dem Fenster und fange an.
„Es war“, schreibe ich, „als hätte Gott ausgeatmet / und die Felder und Bäume überzogen mit einem Weiß, / das glitzert.“
Der Schweinehund schlürft seinen Kakao sehr laut neben meinem Ohr. Er zerkrümelt die Kekse vor meinen Augen. „Das musst du auch alles abwaschen und aufräumen!“, ruft er.
Ich schaue wieder hinaus. Auf die mit Eis überzogene Landschaft.
„Es war“, wiederhole ich, „als hätte Gott ausgeatmet
und die Felder und Bäume überzogen mit einem Weiß,
das glitzert,
bei all dem Irrsinn,
das glitzert,
bei all dem Wahnsinn,
das glitzert,
bei all den Ereignissen, die geschehen.
Es glitzert.“
„Atem“ nenne ich das Gedicht. Jetzt kümmere ich mich um den Abwasch, und die Reisebuchrecherche.

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10 Kommentare für “Dem Schweinehund die Macht nehmen”

  1. Lieber Matthias,
    Dein Schweinehund scheint mit meinem eng verwandt zu sein. Ich habe aber noch nie versucht, ihn mit Kakao und Keksen zu besänftigen, das werde ich auch mal ausprobieren!
    Fröhliche Weihnachten!
    Herzlichst, Andrea
    PS Lieber Christof, Dir wünsche ich natürlich auch fröhliche Weihnachten!

    1. Liebe Andrea,

      danke für deinen schönen Kommentar! Was für mich auch eine große Erkenntnis war: Ich muss nicht alle Gedanken, die durch meinen Kopf strömen, ernst nehmen. Ich kann entscheiden, welche mir wichtig und bedeutend sind und welche ich überhören oder an mir vorbeiziehen lassen kann. Das hat nichts mit Verdrängung zu tun! Eher mit der immer wieder zu treffenden Entscheidung, was mir (!) wichtig und bedeutend ist (ohne anderen dabei zu schaden).

      Hab ne gute Zeit und einen noch besseren Rutsch ins Neue!
      Matthias

  2. Mein Winterblues feiert heute eine richtig fette Party, zusammen mit dem Erkältungsblues, und ich habe das Nachsehen – mit meiner Schniefnase, den Kopfschmerzen und dem Husten komme ich gegen beide nicht an. Meine äußere Stimme ist erkältungsbedingt nicht vorhanden und die innere zeigt sich solidarisch. So ein Tag eben… Leider kann ich deshalb auch nicht aktiv etwas tun, was mir Freude macht, und damit beide Schweinehunde vor die Tür werfen. Aber, wenn ich das hier so lese – ich kann mir eine glitzernde Winterwelt vorstellen, das geht…! Und bei dem Gedanken daran stelle ich beiden Schweinehund-Feiernden mal kurz elegant ein Bein, schließe die Türe hinter dem Partyraum und gehe nach draußen, in die verschneite Winterwelt in meinem Kopf. Vielen Dank für das Glitzern und schöne Weihnachten!

    1. Hallo Kerstin,

      diese Winterbluespartys kenne ich – und hatte ich auch ein paar Tage … Wie das eben manchmal so ist, wenn es draußen eisig wird. Sehr cool jedenfalls, wie du die zwei Schweindehunde austrickst! Das gefällt mir. Irgendwie geht es doch auch immer darum. das zu sehen, was einem gerade Freude bereitet. Wie du so elegant schreibst: „die verschneite Winterwelt in meinem Kopf … das Glitzern.“

      Liebe Grüße
      Matthias

    1. Liebe Elisabeth,

      vielen Dank – es freut mich sehr, dass dir die Geschichte und das Gedicht gefallen.

      Liebe Grüße und ebenfalls ein gutes Neues!
      Matthias

      P.S. Die Zusammenarbeit bei der „Straße der Poesie“ hat sehr viel Spaß gemacht!

  3. Lieber Matthias, mein Schweinehund liegt lieblich lächelt neben dem Fernseher und sagt mit grossen Kulleraugen immer: „Bleib doch noch ein bisschen“. Dann geht das Dikutieren los: “ Aber ich wollte doch endlich mal aussortieren und aufräumen „. „Kannst du morgen noch“. grinst er mich an. Ja, denke ich, vielleicht ist morgen das Wetter noch schlechter.

    Irgendwie gewinnt mein Schweinehund immer.

    Liebe Grüße und danke nochmal für die schöne Begleitung in der Weihnachtszeit und habe ein gutes und gesundes neues Jahr.
    Angelika Ehmcke

  4. Liebe Angelika,

    so ein Schweinehund hat ja auch sein Gutes. Bei Sachen wie dem Aufräumen oder Aussortieren soll er ruhig gewinnen. Doch bei den wirklich wichtigen Dingen muss ich ihn manchmal austricken, mit Kakao und Keksen ;-)

    Der Literarische Adventskalender war auch für mich eine große Freude; schön, dass er so gut angenommen wurde!

    Liebe Grüße
    Matthias

  5. ich glaube, der Schweinehund ist sehr stark mit der Frau Aufräumeritis verwandt. Die kommt nämlich bei mir dauernd um die Ecke und will mich vom Aufräumen abhalten. Zum Glück hatten wir gerade einen Geburtstag zu feiern, da mussten beide außen vor bleiben. Und da es draußen auch nur geregnet hat, konnte sich meine Phantasie auch kein Glitzern vorstellen. Also sind Feiern mit Freunden auch eine Abhilfe gegen den Schweinehund. (ein Grund, das öfters zu tun)
    Viele Grüße Marianne

    1. Liebe Marianne,

      das ist doch eigentlich die schönste Schweinehund-Überredung. Einfach oft Freunde einladen, damit das Haus glänzt und glitzert! :-) Win-win und Freunde sind auch noch da.

      Herzlich
      Matthias

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